Drittes Geschlecht
In Österreich wird seit 2019 auch offiziell anerkannt, was es wahrscheinlich schon immer gab: das dritte Geschlecht. Das bedeutet, dass eine Person, die sich weder dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht zugehörig fühlt, nicht mehr dazu gezwungen werden darf, sich zwischen weiblich oder männlich zu entscheiden. Im Reisepass steht bei einem solchen intersexuellen Menschen jetzt ein „X“, in die Geburtsurkunde wird „inter“ eingetragen.
Es war ein langer Weg, bis sich diese Menschen offiziell als „divers“ bzw. „inter“ bezeichnen durften. Der Verfassungsgerichtshof hat am 15. Juni 2018 aber entschieden, „dass es Menschen gibt, die der herkömmlichen Zuordnung nach dem Geschlecht zu Mann oder Frau nicht entsprechen und die dennoch ein Recht auf Berücksichtigung ihres Geschlechts haben“.
Mit dieser Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs wurde also eine Gegebenheit normalisiert, die bis dahin verdrängt bzw. nicht akzeptiert worden war.
Lange Zeit wurden intergeschlechtliche Kinder als „nicht normal“ betrachtet. Sie wurden entweder hormonell behandelt oder es wurden Operationen an ihnen vorgenommen, die für die Betroffenen oft traumatische Folgen hatten. Dies widerspricht der in den Menschenrechten festgeschriebenen Unversehrtheit des Körpers. Nun können betroffene Kinder frei aufwachsen und ihre Individualität und ihre individuelle Geschlechtsentwicklung werden akzeptiert.
Das Wissen um intersexuelle Menschen, Menschen, die sich weder als männlich noch als weiblich definieren, gibt es übrigens schon seit sehr langer Zeit. So sprach bereits der antike griechische Philosoph Platon von androgynoi, von geschlechtlich nicht eindeutig definierbaren Menschen.